Ich gehe den ersten Schritt um zu wissen, was ich alles nicht weiß. Zuletzt habe ich meine erste Begegnung mit Single Malt geschildert, doch wie setzt sich die Geschichte fort? Nun, um mich wirklich in das für mich noch tiefe Mysterium Malt Whisky vertiefen zu können, muss ich den Weg antreten, den so viele Wissende vor mir gegangen sind. Was nun doch recht verwirrend klingt, ist nichts anderes, als sich mit den ersten seriösen Informationsquellen auseinanderzusetzten, und zu begreifen, wie umfangreich das Thema Whisky ist. Das geschieht ohne, dass ich mir wirklich tiefgründiges Wissen aneigne. Das Wissen, was ich mir in letzter Zeit angeeignet habe, entspricht diesem Prinzip, und ist daher noch sehr oberflächlich und lückenhaft. Um überhaupt erstmal in das Thema rein zu finden, half mir mein Chef Albert, den ersten Schritt zu gehen. Wo ich meist nur Anekdoten und fetzen seiner umfangreichen, kognitiven Whiskybibliothek durch Geschichten am Tresen oder Vorträgen bei Tastings vernahm, sollte ich nun unterwiesen werden. Ich würde auch anfangen, die ersten Whiskylektüren zu lesen. Doch davor musste ich noch einen Whisky finden, den ich genauer untersuchen wollte.
Fahrradfahren ohne Stützräder

Fahrradfahren, so ganz alleine und ohne Stützräder, ist als Kind wahrlich ein beflügelndes Gefühl. Man ist überwältigt, meist so sehr, dass man in Ehrfurcht vor der neu gewonnenen Fähigkeit gar nicht wahrnimmt, welche Straßen, welche Häuser, welche Bäume man passiert. Ähnlich ist es bei mir. Ich erinnere mich gut an mein erstes Tasting, jedoch entsinne ich mich nicht genau, wie denn nun eigentlich die Whisky´s geschmeckt haben. Also fing ich an zu probieren und genehmigte mir nach Feierabend in alphabetischer Reihenfolge den einen oder anderen Tropfen. So habe ich mir ein wenig beigebracht, wie was schmeckt. Wie schmeckt etwas aus dem Sherryfass, ein Lowland-, ein Islay-, ein stark getorfter Whisky? Der erste Single Malt, an dem ich hängen blieb, war der Arran Malt mit Portfass-Finish. Ein angenehmer, recht süßlicher Tropfen, der leichte Zitrusaromen birgt und im Abgang trocken ist. Wenige Wochen später lief mir eine Flasche The Glenlivet über den Weg. Der Schluck dieser sehr bekannten Speyside-Destillerie bietet ein junges, fruchtiges Bouquet mit anschließenden nussigen Tönen. Der letzte Whisky, den ich mir zulegte, steht im direkten Kontrast zu den vorherigen. Der 10 Jahre alte Laphroaig, der nicht minder bekannt und für seinen medizinischen Geschmack berüchtigt ist, war nun Teil meiner dreiköpfigen Sammlung. Etwas ganz Anderes, so rauchig und salzig. Fahrradfahren durch das Land, erst an Wäldern, Wiesen und Blumenbeten vorbei, dann an der rauen Küste.
Ein Schnaps mit Geschichte
Whisky ist nicht einfach bloß ein Schnaps, der gut schmeckt und deshalb produziert wird, wobei der Geschmack allein Grund genug wäre. Er ist ein Schnaps mit Geschichte, die sehr weit zurück reicht. Dies herauszufinden ist ein weiterer Schritt um zu wissen, was ich alles nicht weiß. Was ich bisher über Malt Whisky herausgefunden habe, sind nur Fetzen und Bruchstücke von den Vorträgen bei Tastings und Anekdoten am Rande. Albert unterwies mich in der Whiskylehre und schuf so das Fundament, auf dem ich aufbauen konnte. Zum jetzigen Zeitpunkt bin ich knapp mit meiner dritten Lektüre durch und denke, mir nützliches Grundwissen angeeignet zu haben. Angefangen habe ich mit Hellen Arthurs Buch „Single Malt Whisky“, welches mir Albert neben anderen zur Verfügung gestellt hat. Sie gibt einen wundervollen simplen und doch umfangreichen Einstieg in die Whiskywelt Schottlands. Das zweite Buch war geschrieben von dem einzig wahren Michael Jackson, und auch wenn er, dem Namens zum Verdruss, kein Musiker war, so war er doch ein Meister seines Fachs. Sein Buch differenziert die unterschiedlichen Whiskys aller Destillen durch die Aufzählung ihrer einzigartigen Aromen und Charakteristika. Zuletzt las ich den Malt Whisky Guide von Walter Schobert, der als neutrales Sammelsurium fungiert. Er geht mehr auf die Geschichte hinter den Destillen ein und verzichtet dabei auf geschmackliche Bewertung.
Die Reise geht weiter

Jetzt sind wir an meinem aktuellen Standpunkt angelangt. Also was weiß ich jetzt eigentlich? Ich weiß, dass ich ein Fan von allen Aromaklassen des Whiskys bin. Ich kann mich an beidem, getorftem sowie ungetorftem Whisky, genüsslich tun. Ich weiß jeden neuen Whisky in meinem Umfeld zu schätzen, denn jeder bringt etwas Neues mit, oder weckt alte Gefühle. Ich weiß, dass Royal Lochnagar dieses edle Präfix der Königin Victoria verdankt. Ich weiß, dass das Bombardement des Lagerhauses der Banff Destille den Dörflern sowie der örtlichen Fauna einen feinen Drink bescherte. Ich weiß, dass den Gründer der Islay-Destille Laphroaig ein vorschnelles Ende ereilte, als er unglücklicherweise in eben jenem edlen Getränk ertrank. Und, das wohl wichtigste, ich erhielt das Wissen, zu wissen, was ich alles nicht weiß. Vieles habe ich in letzter Zeit erfahren. So viel, dass ich mich noch schwertue, alles sortiert und in Ordnung zu halten. Mir ist nun klar, in welch ein Abenteuer ich mich gestürzt habe. Mir ist klar, wie umfangreich das Thema ist, und wie klein doch mein Wissensstand ist. Ich werde noch lange vom Whisky gut haben. Ich werde kosten, lesen und Erfahrungen machen, die ich mit anderen Teilen möchte. Die Reise geht weiter, aber erstmal nehme ich einen Schluck.